Seit einer Woche denke ich jetzt darüber nach, was ich Unterstützendes, Hilfreiches oder Kluges zum Krieg in der Ukraine schreiben könnte. Doch wie ich es auch drehe und wende, alles kommt mir hölzern vor und abgeschmackt. Ich bin einfach nur tief erschüttert und habe große, große Angst. Klare Gedanken fassen fällt mir schwer gerade. Dennoch habe ich das Bedürfnis, mein inneres Durcheinander niederzuschreiben, vielleicht nur, damit ich selbst es ein bisschen ordnen kann.
Ich wurde 1980 geboren, bin ein Kind des Kalten Krieges. Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich immer, wenn im Radio von Gipfeltreffen und Abrüstungsverhandlungen die Rede war, ganz aufmerksam und angespannt zuhörte. Ich mochte Gorbatschow, er versprach, Frieden und Abrüstung zu bringen. Reagan war mir eher unheimlich, doch an die Bilder, wie er Gorbatschow lächelnd die Hand schüttelt, denke ich mit einem Gefühl der Erleichterung zurück. Ungefähr sechs Jahre alt muss ich da gewesen sein, es war auf jeden Fall vor Tschernobyl, das weiß ich noch.
Ich kann mich noch gut an meine Freude erinnern, als 1989 die Mauer fiel, auch wenn ich natürlich die ganze Tragweite der Ereignisse nicht erfassen konnte. „Jetzt ist es vorbei. Jetzt wird kein Krieg mehr kommen. Endlich herrscht Frieden auf der Welt.“, so dachte ich damals.
Nicht nur ich habe mich getäuscht.
Heute fallen wieder Bomben, mitten in Europa. Es sterben Menschen, nur weil irgendein weltfremder, ver-rückter Despot es so will. Ganze Städte werden ausradiert, Menschen verlieren ihr Zuhause. Und der Westen, so groß die Solidarität auch sein mag, ist letztlich zum Stillhalten verurteilt, weil man es einfach nicht riskieren kann, Putin noch mehr zu reizen. Er scheint längst den Boden vernünftigen Handelns verlassen zu haben. Ihm ist zu zutrauen, dass er den roten Knopf drückt – in seiner Welt wahrscheinlich nur die logische Antwort auf immer neue, unheimliche Bedrohungen seines Großrussischen Fantasiereiches.
Wenn ich darüber nachdenke, kann ich es einfach nicht fassen, ich kann es einfach nicht begreifen…
Was also tun?
Ich habe Geld gespendet. Überlege, mich als freiwilliger Helfer zur Verfügung zu stellen, wenn die ersten Geflüchteten hier in der Region eintreffen. Vielleicht kann ich ja psychische erste Hilfe leisten? Doch das alles kommt mir vor, wie ein Tropfen auf einen glühend heißen Stein. So viel Leid, so viel Schmerz und so viel verdammte Hilflosigkeit.
„You must not lose hope!“ An diesem einfachen Satz – ich glaube, der Dalai Lama hat ihn mal gesagt – halte ich mich gerade fest. Angesichts all des Furchtbaren und Schrecklichen in der Welt, bemühe ich mich nach Kräften, nicht meine Hoffnung und Zuversicht zu verlieren.
Es gibt doch auch soviel Gutes in der Welt, soviel Solidarität und Mitgefühl! Doch gerade erscheint mir dies so klein, so zart und verletzlich, so bedroht angesichts all der Gewalt und der Zerstörung. Wie eine kleine Flamme, die jederzeit ausgehen kann im großen, entsetzlichen Sturm der entfesselten Vernichtung.
Und dann erinnere ich mich daran, dass diese Flamme, so bedroht sie auch schon oft gewesen sein mag, dennoch nie erloschen ist, selbst in den dunkelsten Stunden unserer Geschichte – sie kann letztlich gar nicht erlöschen, denn sie ist das Leben selbst. Sie ist das Licht, das in jedem von uns leuchtet, das Potenzial, Gutes, Mitfühlendes und Nährendes hervorzubringen, vielleicht gerade im Angesicht der größten Bedrohung. Und das gibt mir wirklich Kraft, gibt mir Zuversicht und Hoffnung. Ich weiß, wie viele andere Menschen gerade da draußen sind und sich an diese kleine, so verletzlich wirkende Flamme erinnern, sie bewahren, behüten und weiter tragen. Überall auf dieser Welt gibt es Menschen, die angesichts von Schrecken und Terror eben gerade nicht in Angst und Verzweiflung verfallen, sondern sich an ihre Menschlichkeit erinnern und gemeinsam einstehen für das, was uns erst wirklich zu Menschen macht.
Ich hoffe, ich kann einer von ihnen sein, wenn es einmal wirklich darauf ankommt. Dafür bete ich. Darum versuche ich mich täglich nach Kräften zu bemühen.
Möge das Leiden in der Ukraine schnell und vollständig beendet werden. Mögen sich Frieden und Mitgefühl in den Herzen aller Menschen ausbreiten. Mögen Vernunft und kluge Entscheidungen den Weg ebnen hin zu einer friedlichen Koexistenz aller. Mögen alle Wesen, ohne eine einzige Ausnahme, Glück erfahren und wahren Frieden.
#standwithukraine #stopthewar #givepeaceachance